Ergotherapie schafft neue Impulse

„Ich bin hier als Detektivin unterwegs.“ Was steckt dahinter? Wie arbeitet eine Ergotherapeutin auf der Station Lichtblicke? Seit einem Vierteljahr verstärkt Therapeutin Jutta Vagedes das Kinderpalliativteam. Ihre ersten Erfahrungen hat das Freundeskreis-Team eingefangen. Jutta nimmt uns gedanklich mit auf die Station:

Jutta, mit welcher Erfahrung im Gepäck bist du nach Datteln gekommen?

Ich bin seit 1991 Ergotherapeutin. Ende des letzten Jahres habe ich meine Arbeit im Kinderpalliativzentrum aufgenommen. Meine langjährige Erfahrung konnte ich bereits gut einbringen. Gleichzeitig ergeben sich für mich aber hier ganz neue Aspekte meines Berufsfeldes. Ich muss meine Herangehensweise an die Kinder und Familien hier anpassen.

Das klingt spannend! Kannst Du uns das vielleicht etwas genauer erklären? Was genau macht eine Ergotherapeutin?

Als Ergotherapeutin unterstütze und begleite ich Menschen, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von einer Einschränkung bedroht sind. Ziel ist dabei immer, diesem Menschen seine Handlungsfähigkeit, gesellschaftliche Teilhabe und eine Verbesserung der Lebensqualität zu ermöglichen.

Das hört sich doch wie geschaffen an für die Versorgung von Kindern mit lebenslimitierenden Erkrankungen und entsprechenden Einschränkungen. Was genau ist für Dich anders bei uns?

(lacht) Ja, es passt gut zusammen! Nicht nur, weil Ergotherapie und Palliative Care die gleichen Ziele verfolgen, sondern auch weil die Grundlagen und Ansichten die gleichen sind. In der Ergotherapie gehen wir genau wie bei der Palliativversorgung von einer ganzheitlichen Sichtweise auf den Patienten aus. D.h. wir sehen den Menschen als System und alle Faktoren auf physischer, psychischer, sozialer und spiritueller Ebene werden berücksichtigt. Aber Ihr möchtet ja wissen, was anders für mich ist, richtig?

Unbedingt.

Es unterscheidet sich quasi an der Stelle des Einstiegs in die Begleitung. Ich versuche es mal so zu erklären: Ergotherapie in anderen therapeutischen Kontexten, z.B. in einer niedergelassen Praxis hat meist einen klaren Auftrag. Ergotherapie wird beispielsweise verordnet mit dem Ziel, motorische Abläufe, die für das tägliche oder berufliche Leben wichtig sind, wieder zu erlernen oder Strategien zu entwickeln, die Selbstständigkeit zurück zu erlangen.

Hier ist das ganz anders. Hier geht es nicht darum mit einer ärztlichen Verordnung ins Patientenzimmer zu kommen und ergotherapeutisch zu arbeiten, bis das Kind wieder dieses und jenes kann. Einen Auftrag in dem Sinne gibt es gar nicht. Hier heißt es für mich: Die Sinne ganz weit machen, Anliegen erkennen und mit meiner Profession zu unterstützen. Ich bin hier quasi erstmal als Detektivin unterwegs und versuche herauszufinden, was eine bedeutsame Betätigung wäre, die Lebensqualität und die Handlungskompetenz des Kindes verbessert.

Wie findest Du das heraus? Viele der Patienten können ja z.B. nicht verbal kommunizieren.

Richtig. Da heiß es dann hinschauen, zuhören, erfragen, offen sein und mit den Eltern und dem Umfeld sprechen. In erster Linie ist dabei mein Fokus natürlich auf das Kind gerichtet. Welche Kanäle und Möglichkeiten nutzt es denn zur Kommunikation? Wie kann es in den verschiedenen Sinnesbereichen wahrnehmen, in welcher Form drückt es sich aus, wie sind die motorische/ körperlichen Möglichkeiten und welche Ressourcen hat das Kind? Dann nehme ich mir natürlich auch die Experten aus dem sozialen Umfeld zur Hilfe. In erster Linie sind hier die Eltern und Angehörigen und ihre Beobachtungen und Einschätzungen von Bedeutung. Aber hier natürlich, im stationären Setting, auch die Einschätzungen und Beobachtungen der Kolleginnen und Kollegen aus allen Professionen.

Kannst du uns zum Schluss noch ein Beispiel aus deinem Arbeitsalltag nennen?

Wenn eine Familie neu aufgenommen wird, stelle ich mich zunächst vor und kläre in einem Gespräch, ob es z.B. konkrete Anliegen des Patienten gibt, für die ich als Ergotherapeutin die Richtige bin.  Bei einem kleinen Mädchen war das das große Thema der Kommunikation. Bei einem Aufenthalt im November haben wir verschiedene Taster und Geräte zur Unterstützten Kommunikation ausprobiert. Mit dem Drücken des Tasters („Step by Step“?) konnte das Mädchen dann von sich aus in ihrem Umfeld eine Aktion auslösen, z.B. einen Stoffhund bellen und wackeln lassen. Das ist ein ganz wichtiger Baustein in unserer Kommunikation: Ich bewirke etwas in meiner Umwelt – die Umwelt reagiert und eine Art Dialog entsteht. Gerade für Menschen, die nicht mit Sprache kommunizieren können, ist das eine enorm wichtige Erfahrung. Bei einem erneuten Aufenthalt haben die Mutter und ich das Thema weiterbewegt. Ich habe ein „Ich-Buch“ für die Patientin angefangen. In diesem „Ich-Buch“ erklärt sie mit Bildern und aufgeschrieben Texten z. B,. was sie mag oder nicht mag, wie sie isst und was sie braucht, um schlafen zu können. Beim Zusammentragen dieser vielen Informationen haben wir gemerkt, wie fein wir die Lupe stellen müssen, mit der wir auf ihre Fähigkeiten schauen, um auch die kleinen Fähigkeiten wahrzunehmen.

Vielen Dank, Jutta, dass Du uns Einblick in deine Arbeit gewährt hast. Toll, dass Du da bist!

Yippie, wir sind zertifiziert!

Die monatelangen Vorbereitungen zahlen sich aus: die Station Lichtblicke wurde jüngst als erste pädiatrische Palliativstation zertifiziert. Die Freude über das wegweisende Qualitätssiegel ist groß im Haus.

 Mit Hochdruck hatte unser Kinderpalliativteam um Prof. Zernikow mit vereinten Kräften daran gearbeitet, das Siegel zuerkannt zu bekommen. Die Zertifizierung für Palliativstationen hat die `Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin` (DGP) im Jahr 2018 neu eingeführt. Diese Zertifizierung und Anerkennung von Palliativstationen ist eine qualitätssichernde Maßnahme in der palliativen Versorgung. „Die DGP-Zertifizierung belegt einer Palliativstation, dass sie in der Lage ist, die Versorgung ihrer Patienten auf höchstem Niveau nach definierten Vorgaben zu erbringen“, beschreibt Dörte Garske die Zielsetzung der Zertifizierung. Sie ist die pflegerische Bereichsleiterin am Kinderpalliativzentrum und verantwortlich für den Zertifizierungsprozess. Die Zertifizierung erfolgte durch das internationale Zertifizierungsinstitut ClarCert.

Die vorbereitenden Maßnahmen für die angestrebte Zertifizierung hatten einen positiven Effekt auf die Arbeitsprozesse der Station Lichtblicke, wie Dörte Garske im Rückblick reflektiert: „Wir haben sämtliche Prozessabläufe bei uns optimiert und die Transparenz erhöht. So verbessern wir kontinuierlich die Qualität unserer Versorgung.Das aufwändige Zertifizierungsverfahren stellt hohe Ansprüche an die personelle Ausstattung, die Qualifizierung des Personals, die Standardisierung der Abläufe sowie das Einholen von Rückmeldungen der Patienten sowie deren Eltern. Welche Räumlichkeiten gibt es? Wie und mit welchem Ziel werden sie genutzt? Welche medizinischen Geräte kommen wo und warum zum Einsatz? Diese und ähnliche Fragen und auch Bereiche wie die Mitarbeiterführung, das Einarbeitungskonzept für neue Mitarbeiter, das Fortbildungskonzept oder die Dokumentation sämtlicher Prozesse standen auf dem Prüfstand.

Die größte Hürde für uns war, dass das Zertifizierungsverfahren nicht auf Kinderpalliativstationen ausgerichtet war. Und diesen Prozess zudem noch während der Corona-Pandemie zu stemmen, war schon eine echte Herausforderung für unser gesamtes Team. Doch der gemeinsame Kraftakt hat sich gelohnt“, ist Dörte Garske erleichtert. „Für ihren tollen Einsatz bin ich allen im Team unheimlich dankbar.

Auch unser Team auf der Station Lichtblicke erhofft sich viel von der Zertifizierung: „Es wäre schön, wenn durch das Qualitätssiegel auch die Öffentlichkeit verstärkt darauf aufmerksam wird, wie wichtig eine umfassende Kinderpalliativversorgung für die gesamte Familie ist“, wünscht sich zum Beispiel Sr. Anja, die als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin seit rund eineinhalb Jahren bei uns auf der Station Lichtblicke tätig ist.

Prof. Zernikow hat dabei auch den weiterreichenden Nutzen dieser wichtigen Zertifizierung im Blick: „Die Vergütung im Gesundheitswesen wird sich an der Qualität der Versorgung orientieren. Da ist es nur folgerichtig, dass wir uns als erste pädiatrische Palliativstation in Deutschland von unserer Fachgesellschaft haben zertifizieren lassen.“

Nun richten wir alle gemeinsam den Blick weiter nach vorne: Im März wird die Baustelle für den lange geplanten Erweiterungsbau auf dem Dach des Kinderpalliativzentrums eingerichtet. Mehr denn je wird damit unser Haus eine Anlaufstelle für Eltern sein, die mit ihrem schwerstkranken Kind Hilfe suchen und diese bei uns finden.

 

Auf dem Foto v.l.: Dörte Garske (pflegerische Bereichsleitung Kinderpalliativzentrum), Sr. Kerstin (Station Lichtblicke), Dr. Carola Hasan (Oberärztin Station Lichtblicke), Andrea Beissenhirtz (Psychologin, Leitung psychosoziales Team), Prof. Dr. Boris Zernikow (Leiter und Chefarzt Kinderpalliativzentrum)

 

 

Tradition trotz(t) Corona!

„Auch in diesem so besonderen Jahr möchte ich gemeinsam mit meinen Kundinnen und Kunden den Familien im Kinderpalliativzentrum in Datteln zur Seite stehen“, entschied Friseurmeisterin Astrid Waldmann im letzten Advent zusammen mit ihrem Team.

Und obwohl ihr Salon Astrid Waldmann Friseure wegen des allgemeinen Lockdowns Mitte Dezember erst einmal schließen musste, kam auch bei der fünften Weihnachtsspendenaktion für das Kinderpalliativzentrum eine großartige Spendensumme zusammen.

 „Wir waren zuerst sehr traurig, dass die Spendenaktion, die eigentlich bis zum 23. Dezember gelaufen wäre, eine ganze Woche früher enden musste. Umso glücklicher und dankbarer sind wir im Team, dass unsere Kundschaft auch in der verkürzten Adventszeit im Salon eine so tolle Spendensumme zusammengetragen hat, nämlich stolze 1.150,00 Euro“, zieht Astrid Waldmann erfreut eine positive Bilanz. Die Hilfe aus Bösensell schafft neue Lichtblicke für die Familien in einer für sie zusätzlich enorm schwierigen Zeit.

Eine persönliche Spendenübergabe an den Freundeskreis Kinderpalliativzentrum gab es dieses Mal erstmalig nicht, leider! „Wir folgen dem allgemeinen Lockdown und vermeiden derzeit wo immer möglich persönliche Kontakte. Unser herzlicher Dank geht deshalb in diesem Jahr auf diesem Weg an alle Kundinnen und Kunden und an Astrid Waldmann und ihre Mitarbeiterinnen. Es tut gut, gerade in diesen Zeiten diese Solidarität zu erfahren“, drückt Sigrid Thiemann vom Freundeskreis Kinderpalliativzentrum ihre große Dankbarkeit im Namen des Teams aus.

Auf dem Foto v.l.:  Sigrid Thiemann (Freundeskreis) und Friseurmeisterin Astrid Waldmann bei der Spendenübergabe im Vorjahr.

SisBroJekt startet tanzend ins Jahr

Was tut uns gut in dieser Zeit gut? Auf jeden Fall Bewegung und Gemeinschaft!

Und genau deshalb hatten neun Kids bei ihrem Tanzworkshop mit Tanzpädagogin Isabel von der Tanzschule New Modern Dance Center in Dortmund richtig viel Spaß. Im Rahmen des SisBroJekts, dem Geschwisterprojekt für die gesunden Schwestern und Brüder, tanzten sich die Neun den ganzen Corona-Frust mal so richtig von der Seele – jeder für sich und doch alle zusammen nach einer gemeinsamen Choreographie. Der Tanzworkshop war das erste Event für die Geschwisterkinder in diesem Jahr. Jeden Monat gibt es eine neue Aktivität, die während der Corona-Pandemie eben noch ein Stückchen mehr Kreativität erfordern. Wie gut das klappt, zeigt das fröhliche Tanzvideo!