Gelungene Kommunikation: Modul "Gespräch mit dem Kind"

Ob und wie umfangreich ein Kind über seine Erkrankung informiert wird und von wem, entscheiden Eltern – in Abhängigkeit vom Alter und Entwicklungsstand des Kindes. Dies kann dann zu einem inneren Konflikt bei Versorger:innen führen, z.B. wenn sie der Meinung sind, das Kind könnte und sollte einbezogen werden. Gespräche mit dem erkrankten Kind erfordern jedoch ein hohes Maß kommunikativer Kompetenz, sprachlicher Flexibilität und eine gemeinsame Basis mit den Eltern. 

 

Lehrfilm: Diagnosegespräch mit Eltern führen

Ben ist ein 9jähriger Junge mit einem nicht-operablen Hirntumor. Er wurde mit einem kontinuierlichen Kopfschmerz auf der Kinderpalliativstation aufgenommen. Er weiß, dass er einen Hirntumor hat, der durch die Chemotherapie und Bestrahlung versucht wird „abzutöten“. Bisher ist die schlechte Prognose mit ihm nicht besprochen worden. Ihn beschäftigen die Fragen „Was passiert, wenn der Tumor weiterwächst und woran merke ich das?“ Diese Fragen machen ihm viel Angst. Mit Ben und seinen Eltern wurde ein gemeinsames Gespräch vereinbart, um seine Fragen zu beantworten.

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Positive Auswirkungen der Teilhabe des Kindes an Gesprächen

    • Ermöglicht ihnen zu verstehen, was mit ihnen geschieht, z. B. wenn Behandlungen erfolgen.
    • Verringert Ängste und emotionale Belastungen.
    • Verbessert die Befolgung von Behandlungsanweisungen.
    • Erleichtert den Umgang mit Unsicherheiten.
    • Ermöglichen ihnen, ihre verbleibende Lebenszeit gemeinsam mit ihrer Familie zu planen.

Perspektive der Eltern

    • Eltern möchten ihre Kinder vor belastenden Informationen schützen und daher oft nicht, dass Kinder in Gesprächen mit Ärzt:innen über Diagnose, Prognose oder Sterben und Tod anwesend sind.
    • Andere Eltern wiederum wünschen sich für ihre Kinder, entsprechend ihrem Entwicklungsstand in Gespräche einbezogen und dadurch ernstgenommen zu werden.
    • Wollen ihre Kinder meist selbst informieren oder mit Unterstützung von Versorgenden.
    • Das Krankheitsverständnis der Eltern beeinflusst wiederum, was sie an ihre Kinder weitergeben.

Perspektive der Patient:innen

    • Empfinden Gespräche mit Versorgenden über ihre Erkrankung häufig als hilfreich.
    • Haben ein individuelles, ggf. von Eltern abweichendes Informationsbedürfnis, unabhängig vom Alter – nicht alle möchten informiert werden.
    • Möchten nicht alle Themen gemeinsam mit den Eltern in Familiengesprächen besprechen.
    • Einige können oder wollen nicht über ihre Erkrankung sprechen; möchten sich und ihre Eltern schützen. Dadurch kann es zu emotionalen Distanz und Misstrauen kommen.
    • Benötigen (emotionale) Unterstützung und fühlen sich durch eine offene Kommunikation mit ihrer Familie besser unterstützt.
    • Wissen meist von selbst um ihren Gesundheitsstatus, unabhängig von den Informationen, die sie erhalten.

Speziell bei jugendlichen Patient:innen:

    • Viele möchten an Gesprächen zu ihrer Erkrankung teilnehmen, informiert werden und mitentscheiden.
    • Viele haben umfangreichere Informationswünsche (z.B. Behandlung, Nebenwirkungen, Rückfallwahrscheinlichkeiten, Langzeitfolgen, Fertilität)
    • Viele können von Teilnahme an ACP-Gesprächen profitieren.

Was kann ich tun?

    • Gesprächsteilnahme des Kindes den Eltern gegenüber anregen
    • Gemeinsam mit Eltern über Anwesenheit des Kindes entscheiden bzw. das Kind selbst fragen
    • Unterschiedliche kognitive, psychische und emotionale Entwicklungsstadien des Kindes berücksichtigen: Gesprächsinhalte und Formulierungen anpassen
    • Altersspezifische Konzepte von Krankheit und Sterben berücksichtigen
    • Direkte, mitfühlende und kindgerechte Sprache nutzen
    • Kulturelle Besonderheiten berücksichtigen
    • Geistige und körperliche Einschränkungen berücksichtigen
    • Das Kind ernst nehmen
    • Gesprächsbedürfnisse des Kindes respektieren; Rückfragen ermöglichen und unterstützen
    • Vor Familiengesprächen bei Patient:innen erfragen, welche Themen nicht gemeinsam mit der Familie besprochen werden sollen; Einzelgespräch anbieten
    • Diagnose so früh wie möglich mit Patient:innen besprechen
    • Altersspezifische Sorgen und Ängste (Schule, Freundeskreis, Haarverlust) mitdenken
    • Unterstützende Personen (Familie, Freunde) einladen
    • Bei Bedarf spezielle Rahmenbedingungen schaffen, die dem Kind helfen, sich zu öffnen (Musik, Kunst)
    • Verständnis rückversichern
    • Auch Geschwisterkinder von schwerkranken Kindern stärker in Gespräche einbinden

Zu vermeiden

    • Medizinische Fachsprache
    • Abweisende Formulierungen
    • Unrealistische Hoffnungen wecken
    • Patient:in nicht ernst nehmen
    • Zu viele Restriktionen aussprechen

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Gespräch mit dem Kind

Als Versorgende ein gelungenes Gespräch mit dem erkrankten Kind zu führen, erfordert neben umfangreichen, entwicklungs-angepassten Kommunikationsfähigkeiten eine gute Beziehung und Absprachen mit den Eltern.