GEKO: Kommunikationsmodelle
Auf dieser Seite finden Sie eine Übersicht der wissenschaftlich fundierten Kommunikationsmodelle, die in den einzelnen Lerneinheiten Anwendung finden. Wir haben diese jeweils in einzelne Schritte aufgeteilt, sodass Sie diese systematisch erarbeiten können. Zu jedem Modell finden Sie Literatur zwecks Vertiefung. Die Modelle stehen unter dem Reiter Download auch als PDF-Datei für Sie bereit.
Agenda-Setting
Das Kommunikationsmodell „Agenda-Setting“ strukturiert das Gespräch und dient der Orientierung. Auf einer gemeinsamen Meta-Ebene führen Sie fokussiert durch das Gespräch und können dieses gezielt anpassen und neu ausrichten. Dies ermöglicht ein effektives Zeitmanagement. Agenda-Setting bezieht die Familie aktiv ein und erleichtert so die Zusammenarbeit auf Augenhöhe, z.B. bei Behandlungsentscheidungen.
Jedes Familienmitglied wird einzeln und mit Blickkontakt begrüßt.
Formulierungsbeispiel:
„Guten Tag! Schön, dass Sie jetzt beide hier sein können. Mein Name ist Robert Schuster, ich bin der zuständige Kinderarzt für Maria und Ihre Familie.“
Es beginnt mit einer offenen Einstiegsfrage. Die Familie nennt ihre Themen, z.B. Fragen, Wünsche oder Ziele. Hören Sie aktiv zu.
Formulierungsbeispiel:
„Wollen Sie mir erzählen, was wichtig ist, um Maria und die aktuelle Situation zu verstehen?“
Anschließend haben Sie die Möglichkeit, aus Ihrer Sicht relevante medizinische Themen anzubringen.
Formulierungsbeispiel:
„Ich denke, wir sollten zuerst noch besser verstehen, was das Problem ist und welche Behandlungsmöglichkeiten es überhaupt gibt.“
Gemeinsam mit der Familie/ den Eltern diskutieren, verhandeln und priorisieren Sie die für das aktuelle Gespräch relevanten Themen. Schließlich schlagen Sie der Familie eine gemeinsame Agenda vor.
Formulierungsbeispiel:
„Ich würde jetzt gerne mit Ihnen zusammen einen Plan machen, wie wir weiter vorgehen. Ist das ok?“
Geben Sie der Familie/ den Eltern abschließend die Möglichkeit, Rückfragen zu stellen und die Agenda zu bestätigen. Bei Bedarf können Sie der Familie eine Kopie der Agenda aushändigen.
Formulierungsbeispiele:
„Habe ich alle wesentlichen Punkte aufgeschrieben, oder fehlt aus Ihrer Sicht etwas?“
„Gibt es vielleicht noch etwas ganz Anderes was Sie heute noch ansprechen wollen?“
„Sind Sie mit diesem Plan einverstanden?“
Back, A., Arnold, R. M., Baile, W. F., Tulsky, J. A., & Fryer-Edwards, K. (2005). Approaching Difficult Communication Tasks in Oncology. CA Cancer Journal for Clinicians, 55(3), 164-177. doi:10.3322/canjclin.55.3.164.
Gobat, N., Kinnersley, P., Gregory, J. W., & Robling, M. (2015). What is agenda setting in the clinical encounter? Consensus from literature review and expert consultation. Patient Educ Couns, 98(7), 822-829. doi:10.1016/j.pec.2015.03.024.
Makusch, L. (2020). Questioning a Taboo: Physicians’ Interruptions During Interactions With Patients. JAMA Pediatrics, 317(10), 1021-1022. doi:10.1001/jama.2016.16068.
Ask-Tell-Ask
Das Kommunikationsmodell „Ask-Tell-Ask“ ermöglicht eine patientenzentrierte Kommunikation. Es folgt dem Gesprächskreislauf: „Fragen stellen – Informationen teilen – Rückfragen stellen“. Mehrfache Wiederholungen während eines Gesprächs sind möglich und sinnvoll: Oft muss der Ask-Tell-Ask-Zyklus mehrfach wiederholt werden, bis Eltern bzw. Patient:innen und das Behandlungsteam ein ähnliches und realistisches Bild von einer schwierigen Situation entwickeln können. Das Modell erlaubt eine fortlaufende Anpassung der Gesprächsinhalte an die aktuelle (emotionale) Situation, den Wissensstand, die Haltung und die Bedürfnisse der Eltern bzw. der Patient:innen.
Erfragen Sie aktuelle Anliegen, Fragen, Erwartungen und Ziele an das Gespräch – zum Beispiel, ob sie gemeinsam über ein bestimmtes Thema sprechen können, wie ihr aktueller Informationsstand ist, welche (weiteren) Fragen vorliegen. Eventuell ist eine Sortierung der gesammelten Themen (siehe Agenda-Setting) notwendig, beispielsweise ob über ein bestimmtes Thema gesprochen werden kann, wie der aktuelle Informationsstand ist und welche weiteren Fragen vorliegen.
Zur Themensortierung können Sie auf das Modell „Agenda Setting“ zurückgreifen.
Formulierungsbeispiele:
„Welches Thema möchten Sie heute mit mir besprechen?“
„Können wir jetzt darüber sprechen?“
„Wie wollen wir die verbleibende Zeit nutzen?“
„Ist das ein schlimmer Gedanke für Sie?“
„Das fühlt sich für Sie grundverkehrt an?“
„Wäre es gut, wenn wir einen Termin mit Frau Dr. Schnebel vereinbaren, damit sie Ihnen die Befunde selbst erklären kann?“
Option 1:
Gehen Sie auf die Themen ein, die die Eltern/ Patient:innen mit Ihnen besprechen möchten. Vermitteln Sie dabei alle relevanten Inhalte, die wichtig sind, damit die Familien ein realistisches Bild der Situation gewinnen können.
Option 2:
Teilen Sie den Betroffenen die Informationen mit, die Sie besprechen möchten.
Grundsätzlich gilt:
Nutzen Sie unkomplizierte Formulierungen, wenige Sätze, keine medizinische Fachsprache und vermitteln Sie nicht zu viele Informationen auf einmal.
Formulierungsbeispiele:
„Gerne möchten wir Ihnen erklären, was eine PEG für das normale Essen bedeutet. Schauen Sie…“
„Die Anlage einer PEG bei einem Kind wie Maria würde auf eine andere Art gemacht. Man braucht dafür keine Operation.“
Je nach Situation haben Sie die Möglichkeit Rückfragen zu stellen, um tiefer auf die Bedürfnisse der Familien einzugehen, indem Sie z.B. nach Erfahrungen fragen. Oder Sie können sich rückversichern, ob die Familie alles verstanden hat. Zum Gesprächsabschluss sollten die Familien die erhaltenen Informationen in eigenen Worten zusammenzufassen können. Unklarheiten und Nachfragen können jetzt besprochen werden.
Formulierungsbeispiele:
„Das macht Ihnen große Sorge. Haben Sie schon mal Erfahrungen mit so etwas gemacht?“
„Soll ich Ihnen erzählen, wie eine PEG ohne Operation angelegt werden kann?“
Back, A., Arnold, R. M., Baile, W. F., Tulsky, J. A., & Fryer-Edwards, K. (2005). Approaching Difficult Communication Tasks in Oncology. CA Cancer Journal for Clinicians, 55(3), 164-177. doi:10.3322/canjclin.55.3.164
SPIKES
Das Kommunikationsmodell SPIKES eignet sich besonders für die Überbringung „schlechter“ Nachrichten wie Diagnosen, Prognosen oder Krankheitsverschlechterungen. Nicht alle Schritte müssen im Gespräch berücksichtigt werden, jedoch ist die Reihenfolge wichtig.
SETTING = Gesprächsvorbereitung
Inhaltliche Vorbereitung:
- Medizinische Fakten sichten, ggf. gemeinsam im Team besprechen
- zentrale Botschaften formulieren
- Gesprächsablauf planen, auf mögliche Herausforderungen vorbereiten
Mentale Vorbereitung, Haltung:
- Formulierungen und nonverbale Ausdrücke einüben
- (eigene) Emotionen anerkennen
- Ruhig und fokussiert in das Gespräch gehen
- Eltern in ihrer Rolle anerkennen
- Zugewandte Haltung einnehmen
- Blickkontakt aufnehmen
- Familienmitglieder einzeln begrüßen
- Alle anwesenden Teammitglieder vorstellen
Rahmenbedingungen:
- Besprechungszimmer reservieren: vermeidet Gespräche zwischen „Tür und Angel“
- Ausreichend Zeit nehmen: vermeidet Unterbrechungen
- Telefon/ Pager ausstellen
- Taschentücher bereitstellen
- Unterstützung hinzubitten: Bezugspflegende, vertraute Person der Familie
- Bei Eltern erfragen, ob das Kind anwesend sein soll >>> Gespräche mit dem Kind
- Betreuung für Geschwisterkind organisieren
- Sprachbarrieren: Dolmetscher:in organisieren
PERCEPTION = Kenntnisstand erfragen
Vor Informationsmitteilung erfragen Sie bitte bei den Eltern (und evtl. bei den Patient:innen):
- den aktuellen Kenntnisstand.
- die individuelle Einschätzung der gesundheitlichen Situation.
Wenn nötig, korrigieren Sie Fehlinformationen.
Wichtig:
Hier können Verdrängungsmechanismen deutlich werden. („Krankheitsverschlechterungen mit Eltern thematisieren“ LINK)
Formulierungsbeispiele:
A/Ä: „Mögen Sie uns berichten, wie Ihr Eindruck von Tim ist? Was hat sich verändert?“
Eltern: „Einmal haben wir uns die ja alle zusammen angeschaut, das sah so harmlos aus, die weißen Flecken, aber es waren sehr viele und Tim ging es ja auch immer schlechter, er ist gar nicht mehr wie unser Sohn.“
A/Ä: „Erinnern Sie sich noch, was ich damals gesagt habe?“
Eltern: „Was bedeutet das denn jetzt alles? Wann machen wir denn jetzt die Transplantation, das muss doch jetzt schnell gehen?! …Letztes Mal haben Sie gesagt, dass es zu spät ist. Aber das kann doch nicht sein. Das darf einfach nicht sein!“
INVITATION = Informationsbedürfnis
Alle Familien haben individuelle Informationsbedarfe, die auch zwischen Eltern und Kindern voneinander abweichen können. Erfragen Sie, wie viele Informationen gewünscht sind. Wenn keine Detailinformationen gewünscht sind, bieten Sie an, jederzeit Fragen zu beantworten.
Formulierungsbeispiel:
„Ja, die Krankheit ist leider immer weiter und sehr schnell vorangeschritten. Gestern nun hatte Tim einen Krampfanfall und wir haben ja erneut eine Kernspinaufnahme gemacht. Möchten Sie, dass wir jetzt über das Ergebnis sprechen?“
KNOWLEDGE = Informationen mitteilen
Optional kann ein „Warnschuss“ notwendig sein: Warnen Sie die Familie davor, dass Sie schlechte Nachrichten haben.
- Teilen Sie die Informationen ehrlich und sensibel mit.
- Beziehen Sie die Informationen auf bereits vorhandenes Wissen der Familie.
- Verwenden Sie klare, kurze Sätze.
- Verzichten Sie auf medizinische Fachsprache.
- Vermeiden Sie Bagatellisierungen, Beschönigungen oder unsensible Ausdrücke.
- Passen Sie Ihre Sprache an Bildungsstand, Herkunft und üblichen Sprachgebrauch der Familie an.
- Teilen Sie nicht zu viele Informationen auf einmal mit.
- Machen Sie kurze Gesprächspausen (10 bis 15 Sekunden) im Anschluss an zentrale Informationen.
- Fragen Sie nur bei sehr langen Gesprächspausen nach dem Befinden.
- Verwenden Sie zusätzliche Darstellungsweisen: Abbildungen, Grafiken, schriftliches Infomaterial, Flipchart
- Ermöglichen Sie Rückfragen und gehen Sie darauf ein.
- Erkennen Sie Unsicherheiten zum Krankheitsverlauf offen an.
Formulierungsbeispiele:
„Ich habe leider schlechte Nachrichten für Sie“.
„Wir haben nun nach den vielen Tests und durch die letzte Blutuntersuchung festgestellt, dass Tim eine Krankheit hat, die sehr selten vorkommt. Ich gehe davon aus, dass sie den Namen noch nie gehört haben. Ich werde Ihnen den Namen jetzt nennen und dann erklären, was das konkret für Tim und für Sie als Familie bedeutet. Die Krankheit heißt Adrenoleukodystrophie.“„Ja, leider! Diese Krankheit wird weiter fortschreiten und immer mehr Nerven von Tim angreifen. Niemand kann vorhersagen, was genau in der nächsten Zeit passieren wird und wie schnell die Krankheit bei Ihrem Sohn verlaufen wird.“
„In der Kernspinaufnahme von Tim sieht man leider erneut mehr Krankheitsherde als in den Voraufnahmen. Die Krankheit betrifft viele einzelne Gebiete des Gehirns aber auch das Gehirn als Ganzes. Das ist leider keine gute Nachricht.“
EMPATHIZE = Emotionen wahrnehmen und zulassen, empathisch reagieren
Seien Sie aufmerksam: Nehmen Sie erkennbare Emotionen bei Eltern/ Patient:innen wahr.
- Fragen Sie sensibel nach.
- Reagieren Sie empathisch und verständnisvoll.
- Bestätigen Sie emotionale Reaktionen als natürlich.
- Nehmen Sie auf den Auslöser der Emotion Bezug.
- Warten Sie immer die emotionalen Reaktionen bei den Eltern/ Patient:innen ab.
- Übergehen Sie keine Reaktionen.
Formulierungsbeispiele:
„Ich wünschte, ich könnte Ihnen etwas Anderes mitteilen.“
„Es tut mir sehr leid […].“
„Für viele Familien ist das ein großer Schock.“
„Das muss sehr enttäuschend für Sie sein.“
„Ich weiß, Sie haben auf andere Nachrichten gehofft.“
STRATEGY AND SUMMERY = Plan gemeinsam festlegen, rückversichern, zusammenfassen
- Fassen Sie zentrale Punkte des Gesprächs zusammen.
- Rückversichern Sie sich, dass das Besprochene richtig verstanden wurde.
- Gehen Sie sensibel auf Hoffnungen und Erwartungen ein.
- Bieten Sie ggf. Unterstützung an.
- Fragen Sie die Familie, ob sie bereit dazu sind, einen Plan für die nächsten Schritte gemeinsam zu besprechen.
- Legen Sie gemeinsam eine Agenda fest.
- Dokumentieren Sie für sich und Ihr Team Inhalt und vereinbarte Ziele des Gesprächs.
- Reflektieren Sie das Gespräch, auch im Team.
Formulierungsbeispiele:
„Wichtig ist, dass wir jetzt gemeinsam überlegen, was für Tim das Beste ist. Was ist denn Ihr Eindruck? Was braucht Tim jetzt am dringendsten?“
„Ja, dann lassen Sie uns doch gemeinsam schauen, was er braucht, damit Sie schnell wieder entlassen werden können.“
Back, A., Arnold, R. M., Baile, W. F., Tulsky, J. A., & Fryer-Edwards, K. (2005). Approaching Difficult Communication Tasks in Oncology. CA Cancer Journal for Clinicians, 55(3), 164-177. doi:10.3322/canjclin.55.3.164
Baile, W. F., Buckmann, R., Lenzi, R., Glober, G., Beale, E. A., & Kudelka, A. P. (2000). SPIKES—A Six-Step Protocol for Delivering Bad News: Application to the Patient with Cancer. The Oncologist, 5, 302-311. doi:10.1634/theoncologist.5-4-302.
Beissenhirtz, A., Ritter, M., Hasan, C., & Bromkamp, P. (2021). Begegnung und Begleitung im fortschreitenden Krankheits- und Sterbeprozess. Zernikow, B (Hrsg.): Pädiatrische Palliativversorgung – Grundlagen, Springer(3. Auflage).
Hrdlickova, L., Polakova, K., & Loucka, M. (2021). Important Aspects Influencing Delivery of Serious News in Pediatric Oncology: A Scoping Review. Children, 166(8), 1-16. doi:10.3390/children8020166
Stein, A., Dalton, L., Rapa, E., Bluebond-Langner, M., Hanington, L., Stein, K. F., . . . Bland, R. (2019). Communication with children and adolescents about the diagnosis of their own life-threatening condition. Lancet, 393, 1150-1163. doi:10.1016/S0140-6736(18)33201-X
van Breemen, C., Johnston, J., Carwana, M., & Louie, P. (2020). Serious Illness Conversation in Pediatrics: A Case Review. Children, 7(102), 1-13. doi:10.3390/children7080102
Wolfe, A. D., Frierdich, S. A., Wish, J., Kilgore-Carlin, J., Plotkin, J. A., & Hoover-Regan, M. (2014). Sharing life-altering information: development of pediatric hospital guidelines and team training. Journal of palliative medicine, 17(9), 1011-1018. doi:10.1089/jpm.2013.0620
NURSE
Das Kommunikationsmodell „NURSE“ unterstützt Sie dabei, empathisch auf (starke) Emotionen von Eltern und Kindern in belastenden Gesprächssituationen reagieren zu können.
Hilfreich zu wissen:
Haben Eltern/ Patient:innen ihre Emotionen, Gedanken oder Perspektiven offengelegt, sollte diesen ausschließlich mit Akzeptanz und Wertschätzung begegnet werden, denn sie leisten einen wichtigen Beitrag für die weitere Behandlung.
- Wichtig: Akzeptanz ist nicht gleichzusetzen mit Zustimmung.
- Zu vermeiden: unmittelbare Bestätigungen, Bewertungen, Widerlegungen
Material: Respond to Emotion (Back et al., 2005)
Speziell in Gesprächen mit Patient:innen:
Emotional belastete Kinder benötigen häufig spezielle Rahmenbedingungen, um sich zu öffnen. Sie können Kinder entsprechend ihres Entwicklungsstandes direkt nach ihren Sorgen fragen. Alternativ können Sie Möglichkeiten schaffen, Belastungen über andere Kommunikationskanäle (Kunst, Musik) auszudrücken.
NAMING = Emotionen benennen
-
- Beschreiben Sie die wahrgenommenen Emotionen (offen oder nur für sich).
- Vermeiden Sie Deklarationen der vermuteten Emotionen.
- Versuchen Sie, Ihre Vermutung zu beschreiben.
Formulierungsbeispiel:
„Der Anblick des Schlauchs in Marias Bauch ist schwer für Sie auszuhalten, oder?“
UNDERSTANDING = Verstehen
- Bestätigen Sie den Eltern/ Patient:innen, dass ihre Gefühle und Emotionen in der jetzigen Situation nachvollziehbar sind.
- Hören Sie aufmerksam zu oder fragen Sie nach – dadurch geben Sie den Emotionen den nötigen Raum.
- Vermeiden Sie eine Beruhigung der Eltern/ Patient:innen.
Formulierungsbeispiele:
„Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie sich das anfühlen muss für Sie.“
„Ich kann mir gut vorstellen, dass es sich wie eine Niederlage anfühlt, dass Maria die PEG jetzt gebraucht hat.“
RESPECTING = Anerkennung
Anerkennung ist ein Kernelement von Empathie und zeigt den Eltern/ Patient:innen, dass ihre Gefühle und Emotionen wichtig und erlaubt sind.
- Wertschätzen Sie die Emotionen durch nonverbale und verstärkende verbale Reaktionen.
- Passen Sie Ihre Reaktion an die Ausprägung der Emotion an.
- Schätzen Sie z.B. offen den Umgang der Eltern/ Patient:innen mit der Erkrankung.
Formulierungsbeispiel:
„Sie haben ganz sicher alles getan, was möglich war.“
SUPPORTING = Empathisch unterstützen
Sichern Sie der Familie entsprechend ihrer jeweiligen Situation die notwendige Unterstützung zu und sprechen Sie ausschließlich ehrlich gemeinte und leistbare Unterstützung aus.
Formulierungsbeispiel:
„Wir wollen das mit Ihnen zusammen schaffen und unterstützen Sie, so gut wir können.“
EXPLORING = Ergründen
Um mehr über tieferliegende Emotionen oder Sorgen der Eltern/ Patient:innen zu erfahren, sollten Sie bei Bedarf nachfragen.
Formulierungsbeispiele:
„Welche Bilder kommen bei Ihnen durch den Anblick von Blut und der PEG hoch?“
„Möchten Sie mir mehr darüber sagen…?“
Back, A., Arnold, R. M., Baile, W. F., Tulsky, J. A., & Fryer-Edwards, K. (2005). Approaching Difficult Communication Tasks in Oncology. CA Cancer Journal for Clinicians, 55(3), 164-177. doi:10.3322/canjclin.55.3.164.
Smith, R.C.: Patient-centered interviewing: an evidence method. Philadelphia, Lippincott Williams & Wilkins, 2002.
TELL ME MORE
Das Kommunikationsmodell „TELL ME MORE“ hilft zu verstehen, was den/die Gesprächspartner:in beschäftigt. Es kann sinnvoll bei Abweichungen vom gemeinsamen Thema eingesetzt werden.
- Der Ablauf:
- Beschreiben Sie den Eltern/ Patient:innen Ihren Eindruck, sich an unterschiedlichen Stellen im Gespräch zu befinden.
- Motivieren Sie dazu, zu beschreiben, was die Eltern/ Patient:innen in diesem Moment beschäftigt.
- Berücksichtigen Sie die drei Gesprächsebenen, auf denen sich das Gegenüber befinden kann.
- Nehmen Sie Bezug zur passenden Ebene.
- Führen Sie das Gespräch an dieser Stelle fort.
Die Sachebene bezieht sich auf die übermittelten, rein sachlichen Informationen.
Formulierungsbeispiel:
„Welche Informationen brauchen Sie im Moment?“
Die Gefühlsebene bezieht sich auf Emotionen, die ausgelöst werden.
Formulierungsbeispiel:„Wie fühlen Sie sich bei dem, was wir hier besprechen?“
Die Deutungsebene bezieht sich auf die Identität und Selbstwahrnehmung.
Formulierungsbeispiel:
„Was bedeutet das für Ihre Familie, für Ihren Alltag usw…“
Back, A., Arnold, R. M., Baile, W. F., Tulsky, J. A., & Fryer-Edwards, K. (2005). Approaching Difficult Communication Tasks in Oncology. CA Cancer Journal for Clinicians, 55(3), 164-177. doi:10.3322/canjclin.55.3.164
SICG-PEDS
Das Kommunikationsmodell „SICG-PEDS“ (Serious Illness Conversation Guide-PEDS ) wurde speziell für die Pädiatrische Palliativversorgung entwickelt. Es dient der ganzheitlichen Erfassung der Familie und kommt bei der Mitteilung von Informationen, bei Prognosegesprächen oder im Falle einer Krankheitsverschlechterung zur Anwendung. Die Familie steht mit ihrer individuellen Haltung, ihren Werten, Zielen, Wünschen und mit ihren Informationsbedürfnissen im Mittelpunkt!
Gesprächsvorbereitung und -beginn
Einen Termin zu vereinbaren, vermittelt Wertschätzung. Es ermöglicht Eltern die Vorbereitung, Sammlung von Fragen und das Mitbringen nahestehender Personen.
- Informieren Sie zu Beginn über das Gesprächsziel.
- Rückversichern Sie sich, dass das geplante Thema angesprochen werden darf.
Informationsstand und -bedürfnis klären
- Erfragen Sie die elterliche Wahrnehmung und Bewertung der Erkrankung in zentralen Situationen der Erkrankung (Diagnose, Verschlechterungen).
- Gewinn: Sie erhalten Einblicke in
a) Emotionen, Ängste und Sorgen und
b) den aktuellen Wissensstand der Familien (nicht immer werden alle relevanten Informationen aufgenommen).
Wichtig:
- Mit welchen Worten beschreiben Eltern die Erkrankung?
- Welche Symptome/ Veränderungen nehmen sie an ihrem Kind wahr?
Gut zu wissen!
Aufklärung, Information und Begleitung reduzieren Sorgen, Ängste und Fragen der Familien.
- Orientierung am Informationsbedürfnis vermeidet Überforderung und unnötige Ängste bei den Familien.
Informationen über Krankheitsverlauf & Prognose mitteilen
- Prognosemitteilung: Geben Sie kurze, präzise und ehrliche Informationen.
- Beziehen Sie Unsicherheit, den aktuellen Gesundheitszustand und Zeit ein.
Unterstützen Sie die Familie im Umgang mit der unsicheren Prognose durch:
- Vorbereitung auf kurzfristig eintretende Akutsituationen gibt Eltern für nahe Zukunft mehr Sicherheit.
- Vermeidung einer zu vorausschauenden Planung.
Wenn eine exaktere Prognose möglich ist:
- Thematisierung und Einleitung einer palliativen Versorgung anstelle belastender Behandlungen.
Umgang mit Kernthemen: Hoffnungen, Ängste, Sorgen, Krankheitsverschlechterung
Hoffnungen, Ängste und Sorgen, Krankheitsverschlechterung und Entscheidungen begleiten alle Familien.
Unterstützen können Sie durch:
- Aufmerksame Wahrnehmung und Thematisierung zentraler Themen
- Fokus auf Ressourcen der Familie lenken
Hoffnungen
Eltern haben auch bei einer schweren Erkrankung ihres Kindes Hoffnungen.
- Aufmerksames, aktives Zuhören und Nachfragen ermöglicht Familien Konkretisierung von Hoffnungen.
- Anpassung von Hoffnungen an gesundheitliche Situation und Möglichkeiten.
Ängste und Sorgen
- Aufmerksames Zuhören, ohne zu bagatellisieren oder nach Lösungen zu suchen.
- Ernst nehmen und anerkennen unterstützt Eltern, z.B. durch schnelle Erreichbarkeit oder Gespräche über die zukünftige Versorgung.
Krankheitsverschlechterungen
- Aufmerksam zuhören
- Anerkennung der Trauer um Funktionsverlust
Entscheidungen treffen
- Eltern treffen Entscheidungen für ihr Kind
- Ausgeprägte Feinfühligkeit erforderlich
- Vor- und Nachteile mit Familie diskutieren
- Akzeptanz und Unterstützung getroffener Entscheidungen
Ressourcen
Zur Stärkung der Familie können vorhandene Ressourcen (soziale Kontakte, Erlebnisse) herausgearbeitet und die Familie dazu motiviert werden, diese aktiv zu nutzen.
Gespräch beenden
- Zusammenfassung: Fassen Sie am Ende das Gesagte und Beschlossene zusammen.
- Rückversichern: Lassen Sie sich ein gemeinsames Verständnis des Gesagten von den Eltern versichern.
- Empfehlungen: Richten Sie medizinische Empfehlungen an Realität, Werte und Haltung der Familien zu zentralen Themen (Ängste, Hoffnungen) aus.
- Zusammenfassung: Fassen Sie am Ende das Gesagte und Beschlossene zusammen.
van Breemen, C., Johnston, J., Carwana, M., & Louie, P. (2020). Serious Illness Conversation in Pediatrics: A Case Review. Children, 7(102), 1-13. doi:10.3390/children7080102
REMAP
Das Kommunikationsmodell „REMAP“ ist eine übergeordnete Strategie für Gespräche mit Familien, die vor einer Neuorientierung angesichts der gegebenen gesundheitlichen Situation des Kindes stehen. Die Neuorientierung soll entlang der verfügbaren Möglichkeiten, Präferenzen und Werthaltungen der Familien erfolgen.
Die fünf Bausteine von REMAP unterstützen dabei,
- Werte und Ziele der Patient:innen und ihren Angehörigen zu erfahren
- an Werten orientierte Behandlungs- und Versorgungsoptionen anzubieten
- medizinische Empfehlungen während des Gesprächs flexibel anzupassen
- sich gemeinsam für einen zukünftigen Weg in der Versorgung zu entscheiden.
Dadurch werden Patient:innen und ihre Familien im Gespräch ganzheitlich mit ihren Bedürfnissen anerkannt und respektiert, während Ärzt:innen die medizinische Expertise bereitstellen.
R = Reframe
Der geplante Gesprächsinhalt wird zu Beginn „gerahmt“, indem die aktuelle gesundheitliche Situation im Gesamtzusammenhang mit dem bisherigen Krankheits- und Therapieverlauf betrachtet wird. Familien werden so sensibel zur eigentlichen Intention des Gesprächs (z.B. Therapieversagen, Mitteilung einer weiteren schlechten Diagnose) hingeführt.
Wichtig, um die erforderliche Neuorientierung für Familien nachvollziehbar zu machen.
Ablauf:
- Erfragen Sie das Wissen der Familien zum aktuellen gesundheitlichen Zustand des Kindes
- Wenn das Verständnis mit der realen Situation übereinstimmt: Bringen Sie dieses in einen Gesamtzusammenhang und verknüpfen Sie damit die zentrale Information, die Sie vermitteln möchten, z.B. die Prognose.
- Rückversichern Sie sich, dass die Familien die zentrale Botschaft des Gesprächs verstanden haben.
Wie gehe ich um mit…?
- Ablehnung des Gesamtzusammenhangs:
Erfragen Sie die Sichtweise der Familien. - Konträrem Krankheitsverständnis:
Erläutern Sie den realen Gesundheitsstatus. - Unrealistischen Hoffnungen, Erwartungen, Wünschen:
Reagieren Sie empathisch, gehen Sie auf die Hoffnungen ein. Parallel bereiten Sie die Familie auf mögliche Verschlechterungen vor.
- Ablehnung des Gesamtzusammenhangs:
E = Expect emotion
Warten Sie anschließend die aufkommenden Emotionen der Betroffenen ab und reagieren empathisch und wertschätzend.
Gut zu wissen:
- Emotionale Reaktionen können sich auf verbaler und nonverbaler Ebene zeigen.
- Die Thematisierung von Emotionen vermittelt Wertschätzung und kann ihre Intensität verringern.
- Äußern Eltern/ Patient:innen wiederholt emotionale Reaktionen, deutet dies auf eine längere Verarbeitungszeit hin. Das Gespräch sollte dann zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden.
M = Map out patient’s values
Um Behandlungspläne an die individuellen Werte und Vorstellungen der Eltern/ Patient:innen auszurichten, ist ein ganzheitliches Bild von ihren Perspektiven, Erwartungen, Werten, Fragen und Sorgen notwendig.
- Stellen Sie offene oder konkrete Fragen – dadurch unterstützen Sie Familien darin, ihre eigenen Werte und Ziele zu reflektieren und zu benennen.
Wichtig:
Nennen Familien mehrere/ gegensätzliche Werte:
- Reflektieren Sie den Familien die genannten Werte (ermöglicht Priorisierung).
- Vermeiden Sie einen vorzeitigen Abbruch dieses Gesprächsteils, um ein vollständiges Bild ihrer Werte zu erhalten.
A = Align with values
- Fassen Sie die herausgearbeiteten Werte zusammen.
- Setzen Sie sie in Bezug zur aktuellen gesundheitlichen Situation.
- Stimmen Familien dem zu, kann die zukünftige Versorgung gemeinsam geplant werden.
- Andernfalls ist es erforderlich, weitere Werte herauszuarbeiten.
P = Propose a plan
Final entwickeln Sie einen individuellen Versorgungs- und Behandlungsplan, der sich an der Perspektive und den Werten der Familie orientiert. Prioritäten der Familie werden so mit der medizinischen Realität verknüpft (z.B. keine weitere Chemotherapie).
Ablauf zur Erstellung eines Versorgungsplans:
- Greifen Sie Ziele und Wünsche der Familie auf.
- Bewerten Sie diese aus medizinischer Sicht: Welches Ziel ist erreichbar, welches eher nicht?
- Definieren Sie, mit welcher Versorgung umsetzbare Ziele erreicht werden können.
- Rückversichern Sie sich, dass Patient:innen/ Eltern einverstanden sind, besprechen Sie Unklarheiten und Fragen.
Childers, J. W., Back, A. L., Tulsky, J. A., & Arnold, R. M. (2017). REMAP: A Framework for Goals of Care Conversations. Journals of Oncology Practice JOP, 13(10), e844-850. doi:10.1200/JOP
PREPARED
Das Kommunikationsmodell „PREPARED“ unterstützt bei Gesprächen über Prognose und Sterbephase im fortgeschrittenen Krankheitsstadium.
P = Prepare for the discussion
- Überprüfen Sie Diagnose und Untersuchungsergebnisse.
- Sorgen Sie für eine ungestörte Umgebung.
- Überlegen Sie, welche Personen bei dem Gespräch anwesend sein sollten.
R = Relate to the person
- Bauen Sie eine Beziehung zu Eltern/ Patient:innen auf.
- Reagieren Sie während des Gesprächs empathisch, fürsorglich und mitfühlend.
E = Elict patient and caregivers preferences
- Erfragen Sie den Grund für das Gespräch, die Erwartungen, die Wahrnehmung der Krankheitssituation sowie das individuelle Informationsbedürfnis der Eltern und Patient:innen.
- Erkennen Sie an, dass das Informationsbedürfnis vom (kulturellen) Hintergrund der Betroffenen abhängt.
P = Provide information
- Teilen Sie Informationen bedarfsorientiert mit, vermeiden Sie medizinische Fachsprache.
- Bieten Sie an, bei Bedarf über erwartbare Krankheitsverschlechterungen zu sprechen.
- Erläutern Sie medizinische Unsicherheiten der Prognosestellung und Unvorhersehbarkeiten im Krankheitsverlauf.
- Vermeiden Sie die Nennung konkreter Zeitfenster (Ausnahme: die letzten Tage vor dem Versterben).
- Bieten Sie bei erhöhtem Informationsbedarf der pflegenden Angehörigen weitere Einzelgespräche an.
- Sorgen Sie für ein einheitliches internes Vorgehen bei der Versorgung und Mitteilung von Informationen gegenüber den Familien.
A = Acknowledge emotions and concerns
- Nehmen Sie die Sorgen, Ängste und emotionalen Reaktionen der Familien wahr, fragen Sie bei Unklarheiten nach.
R = Foster Realistic hope
- Stärken Sie realistische Hoffnungen, seien Sie dabei ehrlich und sensibel, nehmen Sie Rücksicht auf das jeweilige Informationsbedürfnis.
- Vermeiden Sie es, unrealistische Hoffnungen zu formulieren.
- Bestätigen Sie leistbare Unterstützung.
- Arbeiten Sie gemeinsam mit den Familien umsetzbare Wünsche und Ziele heraus.
E = Encourage questions and further discussions
- Ermöglichen Sie, Rückfragen zu stellen.
- Rückversichern Sie sich, dass der Gesprächsinhalt verstanden wurde und es keine offenen Fragen gibt.
- Bieten Sie an, Fragen jederzeit zu beantworten.
D = Document
- Halten Sie Kernthemen und Ergebnisse des Gesprächs fest, wenn möglich leiten Sie diese an alle beteiligten Versorgenden weiter.
Clayton, J. M., Hancock, K. M., Butow, P. N., Tattersall, M. H. N., & Currow, D. C. (2007). Clinical practice guidelines for communicating prognosis and end-of-life issues with adults in the advanced stages of a life-limiting illness, and their caregivers. The Medical Journal of Australia, 186(12), 77-105. doi:10.5694/j.1326-5377.2007.tb01100.x