Hier ist das Interview mit Klinikseelsorgerin Schwester Verona Eichmanns zum Nachlesen:

Was macht eine Seelsorgerin und wie wird man das?

Sr. Verona:

Als Klinikseelsorgerin bin ich für alle Menschen da, die hier in der Klinik sind. Zunächst natürlich für die Kinder und Jugendlichen, die hier als Patientinnen und Patienten sind, aber natürlich auch für die Angehörigen und Mitarbeitenden. Ich biete auch Gottesdienste, Segnungen und Gebete an, da komme ich gerne auf Wunsch. Oder ich bin auch im Ethikkomitee tätig, wo wir manchmal Fallbesprechungen für die Stationen anbieten und ich unterrichte in der Schule für Gesundheitsberufe, wo ich den Schülerinnen und Schülern erzähle, was Seelsorge ist und manchmal auch Ethikfortbildungen. Wie wird man Klinikseelsorgerin? Ich habe ein volles Theologiestudium abgeschlossen und habe danach die pastorale Ausbildung im Bistum Münster gemacht. Für die Klinikseelsorge speziell gibt es dann noch Fortbildungen, die sich anschließen, die dann genau auf die Bedürfnisse in der jeweiligen Klinik zugeschnitten sind.

Welchen Unterschied gibt es bei der Seelsorge auf den verschiedenen Stationen?

Sr. Verona:

Den größten Unterschied gibt es eigentlich zu der Begleitung der Kinder und Jugendlichen in der Psychiatrie, wo die Kinder und Jugendlichen selber zu mir kommen und ich führe dann in der Regel trauerbegleitende Gespräche mit ihnen, wenn sie Eltern verloren haben oder andere schwere Verluste hinter sich gebracht habe. Das ist natürlich im Rest der Kinderklinik anders, da sind es meistens die Eltern, mit denen ich die Gespräche führe, wenn die Kinder krank sind. Und im Grunde ist es dann nicht von Station zu Station unterschiedlich, sondern es ist unterschiedlich je nach Situation, wie alt das Kind ist, welche Krankheit es hat und in welcher Situation auch die Eltern zu mir kommen.

Ist es problematisch, wenn Patient:innen keine oder eine andere Konfession als Du haben?

Sr. Verona:

Nein, gar nicht. Unser Ordensvater Franziskus, der hat es vor 800 Jahren schon vorgemacht. Der ist damals zu einem muslimischen Sultan gegangen und hat mit ihm gesprochen. Und damals ging es nicht um Mission, um Bekehrung, sondern um Dialog. Und das nehme ich mir heute auch zum Vorbild in meiner Arbeit. Ich glaube, das wäre auch nicht mehr zeitgemäß nach der Konfession eines Menschen zu fragen. Ich glaube, dass die Kirche den Grundauftrag hat, zu den Menschen zu gehen und dem möchte ich in meiner Arbeit in der Kinderklinik gerecht werden.

Welche Haltung brauchst Du, um Trost zu spenden?

 Sr. Verona:

Trost spenden an sich, finde ich, ist ein sehr hoher Anspruch und ich gehe oft in Gespräche nicht mit diesem Ziel, Trost zu spenden. Vielleicht klingt da jetzt komisch, aber ich gehe absichtsfrei in Gespräche hinein, um wirklich ganz bei den Menschen zu sein, um wahrzunehmen, was ihnen jetzt guttut. Wenn dann am Ende Trost dabei rumkommt, dann freue ich mich natürlich, aber das ist nicht mein erstes Ziel. Die Haltung ist natürlich dabei, dass ich mich selber zurücknehme.

Was ist besonders herausfordernd an Deiner Arbeit?

Sr. Verona:

Da ist einmal die Größe der Kinderklinik und damit auch meines Arbeitsbereiches, denn ich bin hier die einzige Seelsorgerin an der Klinik. Und da bin ich schon oft froh, dass es auch andere Berufsgruppen gibt, die ergänzend zu dem ärztlichen und pflegerischen Personal arbeiten. Die andere Herausforderung ist, dass es manchmal Situationen gibt, in denen mir auch einfach die Worte fehlen. Es gibt schwierige Situationen, da kann ich nicht mehr konkret helfen wie Ärzte oder Pflegekräfte und das Aushalten und das Zuhören, das kostet dann schon mal enorme psychische Kraft.

Was gibt Dir beruflich und privat Halt?

Sr. Verona:

Beruflich finde ich vor allen Dinge Halt im Austausch mit meinen Kolleginnen und Kollegen im psychosozialen Team, aber auch im Bistum und da finde ich dann auch Rückhalt in Gesprächen und wenn ich Fragen habe. Privat finde ich vor allen Dingen Kraft und Halt in meinem Glauben. Ich glaube an einen Gott, der liebevoll auf die Menschen schaut und der dann, wenn meine eigenen Grenzen erreicht sind, auch dann noch da ist und für die Menschen da sein kann. Ich muss nicht alles selber machen. Am Ende ist es aber auch meine Ordensgemeinschaft, die mir Rückhalt gibt und Stärkung.

Welche Momente empfindest du als bereichernd?

 Sr. Verona:

Auch hier in der Kinderklinik gibt es schöne, freudige Momente z.B. in Gottesdiensten, mit Kindergruppen, wo gelacht und gesungen wird – das ist auf jeden Fall immer eine Bereicherung. Aber da sind auch die stillen Momente, vielleicht sogar existentiell schwierige Momente, in denen es mir manchmal dann doch gelingt, ein bisschen Hoffnung in die Herzen der Menschen zu pflanzen und das vergisst man dann auch nicht und das gibt mir Kraft.

Wie lauten Deine Wünsche für das Kampagnen-Jahr und darüber hinaus?

Sr. Verona:

Ich wünsche für die Kampagne Strahlkraft und das im doppelten Sinne. Einmal natürlich, dass sie eine positive Wirkung hier in der Kinderklinik entfaltet, dass sie Mitarbeitende und alle Menschen, die hier hinkommen, ansteckt. Also eine Strahlkraft nach innen. Aber ich wünsche mir auch eine Strahlkraft nach außen. In die Stadt hinein, durch die Medien, in die Kirche und Gesellschaft hinein, dass Menschen überzeugt sind von dem, was wir hier tun und angesteckt werden, von diesem Geist und von den Werten.