Hier ist das Interview mit Dr. Dejan Vlajnic zum Nachlesen:

Warum arbeitest Du im Kinderpalliativzentrum Datteln?

Dejan:
Ich habe viele Jahre Kinderintensivmedizin gemacht und habe mich da schon viel Palliativ beschäftigt, viele schwerkranke Kinder begleitet und deren Familien, und vor fünf Jahren habe ich einen Kurs hier gemacht und dachte „Wow! Hier mal zu arbeiten, das wäre ein Traum!“ und letztes Jahr ergab sich die Möglichkeit und seitdem bin ich hier und freue mich.

Wie sieht Dein Arbeitstag aus?

Dejan:
Der Arbeitsalltag fängt morgens um acht Uhr an mit einer Besprechung und dann machen wir Visite gemeinsam mit Pflege, dem psychosozialen Team und dem ärztlichen Team. Wir machen uns viele Gedanke über die Patienten, gehen dann auf einen Rundgang und haben im Verlauf des Tages mehrere Gespräche mit den Familien, Angehörigen, Helfersystemen, sodass der Alltag schon sehr bunt ist, immer abwechslungsreich. Wir machen dann auch Einiges an Diagnostik, was man so als Arzt, Ärztin macht. Wenn wir im SAPV-Team eingeteilt sind, ambulant, fahren wir raus zu den Familien, lernen die dort kennen, betreuen die Eltern, Kinder zuhause, sodass es schon ein sehr abwechslungsreicher Alltag ist. 

Was ist besonders schön an Deiner Arbeit?

Dejan:
Besonders schön an meiner Arbeit ist das Team. Also in diesem Team zu arbeiten, auf höchstem Niveau Medizin, auf höchstem Niveau Pflege, auf höchstem Niveau psychosoziale Arbeit. Und dann zu erleben, dass wir alle wirklich die Zeit haben, die wir brauchen für die Familien, für die Kinder, das kannte ich so nicht. Wir haben hier wirklich die Zeit, und das ist das, was mich total begeistert hier. Und dann begeistern mich natürlich die Kinder und deren Familien, das macht das hier wirklich zu einem ganz besonderem Erlebnis jeden Tag.

Was ist besonders herausfordernd an Deiner Arbeit?

Dejan:
Schon seit vielen Jahren mache ich ehrenamtliche Jugendarbeit und ich arbeite total gerne mit Jugendlichen und das ist etwas, was mir im Ehrenamt schon total viel Spaß macht. Und ich merke jetzt hier, dass es ganz besonders herausfordernd ist für mich, etwas, dass ich bisher noch nicht gemacht habe, nämlich mit Jugendlichen zu arbeiten, die schwer krank sind, die eine onkologische Erkrankung haben, die eine Krebserkrankung haben, und die zu begleiten. Man connected ja sehr schnell, man hat sehr schnell einen Draht, und da habe ich schon gemerkt, ist es sehr herausfordernd für mich, die entsprechende Haltung zu haben, und den Jugendlichen weiterhin so zu begegnen, in ihren Herausforderungen, und dann auch bis zum Ende zu begleiten und sich auch zu verabschieden – das ist schon etwas, das mich sehr herausfordert.

Welche Rolle spielen Emotionen im Arbeitsalltag?

Dejan:
Also Emotionen spielen eine ganz große Rolle. Wir sind ja ganzheitliche Menschen und versuchen auch unseren Kindern und deren Familien ganzheitlich zu begegnen. Und da gehört nicht nur der Verstand dazu, sondern auch unsere Emotionen. Und ich freue mich sehr, dass das hier so offen gelebt wird. Wenn man uns hier kennenlernt, wir lachen unglaublich viel. Man hat ja so die Vorstellung „Kinderpalliativ, das ist schwer und traurig.“, aber es ist etwas, was ich hier total toll finde, dass wir wirklich viel miteinander lachen, weil wir auch viel zu lachen haben, weil es viele Momente gibt, die uns fröhlich machen. Weil die Kinder uns immer wieder zum Lachen bringen, die Familien uns zum Lachen bringen, sodass Freude ein ganz klarer Bestandteil hier ist. Wir haben eine tolle Verbindung untereinander im gesamten Team, sodass wir wirklich viel von Herzen lachen, aber wir dürfen auch mal weinen. Wir dürfen auch sagen „Es ist zu viel!“ und wenn uns wirklich etwas traurig macht, dürfen wir uns in den Arm nehmen, dürfen wir die Eltern in den Arm nehmen, die Kinder in den Arm nehmen, sodass wirklich auch alle Gefühle auch zugelassen sind und wir auch Raum dafür haben uns auch mal auszuklinken. Das ist etwas, was hier auch von oben gelebt wird und das begeistert mich. Das ist ein ganz elementarer Bestandteil ärztlichen Arbeitens, dass wir den Menschen ganzheitlich begegnen.

Was gibt Dir Halt?

Dejan:
Mir gibt meine Familie Halt, meine Frau, meine Kinder, das ist so der wichtigste Halt, den ich erleben darf. Und was mir ganz besonders Halt gibt, ist mein Glaube, dass ich wirklich eine persönliche Beziehung zu Gott leben darf und aus dieser Kraft heraus, dass ich so angenommen bin und so geleibt bin, wie ich bin, mit all meinen Fehlern, all meinen Schwächen – das gibt mir wirklich Motivation, jeden Tag aufzustehen und diese Liebe und dieses Angenommensein auch weiterzugeben. Das ist das, was mir Halt gibt und mich jeden Tag aufs Neue begeistert, hier hinzukommen.

Wie gibst Du Halt?

Dejan:
Da ist mir ganz wichtig „Zuhören“. Ganz viele Menschen sehnen sich danach, dass man ihnen zuhört. Wir sind oft dabei, Tipps zu geben, ganz schnell Ideen zu haben und viel zu reden und wenn Menschen in Not sind oder wenn Menschen auch einfach eine Frage haben, ist manchmal auch ganz wichtig, ihnen einfach zuzuhören. Zu verstehen, was sie wirklich fühlen, zu verstehen, was bei ihnen passiert und bei ihnen zu sein – das ist etwas, was unheimlich viel Halt gibt, was mir Halt gibt, wenn ich Menschen begegne, wo ich versuche, auch so Halt zu geben. Einfach da zu sein und zuhören.

Wie lauten Deine Wünsche für das Kampagnenjahr und darüber hinaus?

Dejan:
Ich wünsche mir, dass dieser Grundgedanke hier, die Haltung und diese Werte, die hier vermittelt werden, die hier gelebt werden jeden Tag, dass die multipliziert werden. Dass sich das wirklich verbreitet. Ich komme aus einem Bereich, wo man sehr viel in der Medizin gearbeitet hat und wo wir sehr viel unter Zeitdruck stehen, und ich merke, wie man mit einfachen Mitteln das auch implementieren kann. Das ist ein ganz großer Wunsch, dass es nicht nur hierbleibt und nicht nur das eine Oase ist, wo wir das erleben dürfen und Familien das erleben dürfen, sondern dass man das implementiert in ganz vielen Krankenhäusern, in ganz vielen Abteilungen und dass das einen Anstoß dazu gibt, dass das vervielfältigt wird. Das wünsche ich mir.