Erinnerungen an die Eröffnung des Kinderpalliativzentrums

Ein Blick unseres Leitungsteams auf die Tage der Eröffnung

 

Leitungsteam Kinderpalliativzentrum Beissenhirz, Hasan, Zernikow, Garske

(v.l.n.r.): Andrea Beissenhirtz, Dr. Carola Hasan, Prof. Dr. Boris Zernikow und Dörte Garske

Vor 10 Jahren ist ein Team aus Ärzten, Pflegenden und Therapeuten in ein neu gebautes Haus gezogen, das Kinderpalliativzentrum der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln – Universität Witten/Herdecke. Viele von ihnen hatten in den Jahren zuvor an der Planung und Umsetzung mitgearbeitet, Ideen eingebracht, waren in Deutschland unterwegs gewesen, um sich stationäre Kinderhospize und Erwachsenenpalliativstationen anzusehen, und hatten sich vor allem auch an den Wünschen der Eltern erkrankter Kinder an eine Kinderpalliativstation orientiert.

Dass es das erste Kinderpalliativzentrum deutschlandweit werden sollte, bedeutete, kein Vorbild zu haben, aber den großen Vorteil, kreative und ungewöhnliche Ideen umsetzen zu können. Es sollte ein Haus werden, das einlädt einzutreten, die Kinder und ihre Eltern willkommen heißt – um zu verweilen.

Und – die Betten waren gerade bezogen – da nahmen schon die ersten Kinder mit ihren Eltern das Angebot einer stationären Palliativversorgung an. Jetzt endlich wurde unser Traum erfüllt, mit den Stimmen, dem Lachen und auch Weinen der Kinder, die LEBEN wollen – jeden einzelnen Tag ihrer begrenzten Lebenszeit unter bestmöglicher Symptomkontrolle, in Geborgenheit und Selbstbestimmung.

Auch die „Paten“ des Kinderpalliativzentrums waren am Tag der Eröffnung an unserer Seite. Wir erinnern uns voller Dankbarkeit an die vielen Menschen, die unseren Wunsch einer besseren Kinderpalliativversorgung von Anfang an aktiv unterstützten. Stellvertretend für alle ist und bleibt uns Professor Werner Andler, ärztlicher Direktor der Vestischen Kinderklinik von 1986 – 2010, in unvergesslicher Erinnerung.

Der damalige ärztliche Direktor der Klinik, Prof. Dr. Werner Andler († 2013), begrüßt die Gäste bei der Eröffnungsfeier.

In den zurückliegenden Jahren ist unsere Annahme, dass es Palliativzentren für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene braucht, zur tiefen Überzeugung geworden. Viele von uns hatten Kinder mit lebenslimitierenden Erkrankungen bereits lange Zeit zuvor ambulant und auf Akutstationen versorgt. Sie wussten von dem großen Bedürfnis nach bestmöglicher Medizin zur Symptomkontrolle und gleichzeitig dem Wunsch nach Entlastung und Abgeben, Vertrauen haben zu können. Wir durften als Team erleben, dass unser Angebot der Entlastung angenommen wird, in den allermeisten Situationen ein Beziehungs- und Vertrauensaufbau möglich war und ist. Wir haben verstanden, dass dies die unabdingbare Voraussetzung dafür ist, eine aktive und umfassende Versorgung anzubieten, die Körper, Seele und Geist des Kindes gleichermaßen berücksichtigt und die Unterstützung der gesamten betroffenen Familie gewährleistet.

Von Beginn an war das Kinderpalliativzentrum über einen Gang mit dem Hauptgebäude der Vestischen Kinder- und Jugendklinik verbunden. Inzwischen sind Vorurteile abgebaut, Vorbehalte und Tabus verschwunden. Uns verbindet mehr als nur ein Gang. Alle MitarbeiterInnen der Kinderklinik engagieren sich kollegial und innovativ, gemeinsam in der ganzheitlichen Versorgung der PatientInnen und ihrer Eltern im Kinderpalliativzentrum.

In den 10 Jahren hat sich ein Team etabliert, dass fachlich hochspezialisiert und kompetent ist. Gleichzeitig bemühen wir uns um Zurückhaltung und Bescheidenheit gegenüber dem Wissen der einzelnen Patientin, des einzelnen Patienten und der Eltern, was gut für sie oder ihn ist. Wir haben verstanden, dass wir begleiten und Angebote machen können. Die bestmögliche Therapieoption für der einzelnen Patientin, um Leid zu lindern und die Lebensqualität zu optimieren, findet sich nur im Austausch mit ihr und unter Einbeziehung der Eltern. Diese Haltung erlaubt es uns zunehmend, hinter dem Patienten zu stehen und das Familiensystem zu unterstützen. Eine Mutter drückte diese Sicherheit in der Empfindung ihrer Tochter aus: „Judith wird ruhiger, wenn wir auf der Palliativstation angekommen sind.“ Die Eltern leben mit der Gewissheit, alles für Judith getan zu haben.

Heute, 10 Jahre nachdem das Kinderpalliativzentrum eröffnet wurde, stehen die Türen und Fenster des Kinderpalliativzentrums weit auf. Kinder aus ganz Deutschland kommen auf die Station, um eine Verbesserung der Symptomkontrolle zu erhalten. ÄrztInnen, Pflegende und TherapeutInnen hospitieren und erlangen eine Zusatzausbildung in Kinderpalliativversorgung. MitarbeiterInnen aus Kinderhospiz- und Pflegediensten kommen in das Kinderpalliativzentrum und begleiten die Überleitung nach Hause.

Es ist keine Vision, sondern eine gelebte Zusammenarbeit und eine erlebte großartige Unterstützung: durch die offenen Türen gehen die vielen engagierten KollegInnen aus dem „Freundeskreis“, der Fort- und Weiterbildung, der Forschung, der Ehrenamtlichen Tätigkeit, dem Geschwisterprojekt und dem Deutschen Kinderschmerzzentrum ein und aus – ein gelungenes Miteinander im Sinne einer Verbesserung der Kinderpalliativversorgung.

Und wir wünschen uns allen zum 10. Geburtstag, den Kindern und ihren Eltern, den MitarbeiterInnen des Kinderpalliativzentrums, des Deutschen Kinderschmerzzentrum und der PedScience, der gesamten Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln, dass wir die Chance, voneinander zu lernen, unablässig nutzen werden.